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Zur Brutpflege von Variabilichromis moorii

von Volker Hebestreit (Oktober 2005)

Ich pflege 6 fast ausgewachsene, bereits geschlechtsreife Variabilichromis moorii in einem Becken von 1m Länge. Da es sich um ein sehr versteckreiches Becken handelt, ist die Unterbringung dieser (eigentlich zu hohen) Anzahl von Tieren möglich. Da die Fortpflanzung für mich unerwartet früh begann (die Tiere waren 14 Tage vorher noch extremem Transportstress ausgesetzt!), werde ich erst nach Abschluss der ersten Brutphase der Tiere ins Becken eingreifen und den Besatz verringern.

Variabilichromis moorii
Variabilichromis moorii Männchen

Die Geschlechterverteilung der 6 Tiere war zunächst völlig unklar, da es einen Sexualdimorphismus (Männchen und Weibchen sehen verschieden aus) bei dieser Cichlidenart nicht gibt. Auch die "Hilfsmerkmale" wie länger ausgezogene Anale und Dorsale beim Männchen gibt es nicht – lediglich die Genitalpapillen, die im Normalfall nicht deutlich zu sehen sind, geben eindeutigen Aufschluss über das Geschlecht des Tiers. Die des Weibchens ist vor der Paarung und danach noch als weißlicher, relativ breiter Kegel, kurz vor dem 1.Strahl der Anale gelegen, zu sehen. Die Genitalpapille des Männchens gleicht eher einem kurzen, relativ spitzen, dunklen Stachel.

Vergleich der Genitalpapillen
Vergleich der Genitalpapillen:
Männchen links, Weibchen rechts

Inzwischen ist die Geschlechtszugehörigkeit von 5 der vorhandenen Tiere klar: drei Weibchen haben gelaicht, und zwei (!) Männchen sind offenbar am Zustandekommen der drei Gelege beteiligt gewesen. Ein Weibchen duldet das "zugehörige" Männchen dauernd im Bereich der Höhle und der inzwischen geschlüpften Jungfische, ein anderes Weibchen duldet das zugehörige Männchen nur temporär, und das dritte Weibchen duldet "ihn" eher nicht: Er ist vermutlich – ich konnte den Ablaichvorgang leider nicht beobachten - gleichzeitig der temporär geduldete des zweiten Weibchens.

Variabilichromis moorii Weibchen
Variabilichromis moorii Weibchen

Das Geschlecht des 6. Tiers ist nicht ganz klar. Vom Verhalten her ist es jedoch eher ein Männchen, weil es häufig versucht, eins der drei Weibchen anzubalzen. Dabei legt er sich nicht fest und versucht es bei zwei der drei Weibchen. Dieses Tier ist gut zu erkennen, gehört es doch dem hellen Farbschlag an.

Alle drei Weibchen haben in für ihre Körpergröße relativ geräumigen Höhlen abgelaicht, und zwar immer an der Höhlendecke bzw. an einer schräg überhängenden Seitenwand. Dabei wurden die Eier relativ breit verteilt. In einer gut einsehbaren Höhle sah ich ca. 60 – 80 Eier auf einer Fläche von 10 x 10 cm. Am Tag drei nach Eiablage lassen sich unbefruchtete Eier bereits gut erkennen: sie bleiben einfach weiß, während in den befruchteten dunkle Farbtöne die Entwicklung der Embryonen anzeigen. Die Quote unbefruchteter Eier fand ich – für bis dahin ungeübte Elterntiere – gering, sie lag sicher unter 5%.

Gelege
Gelege von V.moorii, die weißen Eier sind unbefruchtet

Am Tag 4 nach der Eiablage beobachtete ich ein Weibchen, das einen Tag vorher im Vorfeld der Höhle eine tiefe Grube in den Sand gegraben hatte, wie es die Eier Stück für Stück von der Höhlendecke nahm und in diese Grube beförderte. Dabei wurden die Eier regelrecht gekaut. Möglicherweise erleichtert diese Vorbehandlung der Eihüllen den Larven das Schlüpfen?
Zwei Tage vorher war ich überrascht, dass ein Jungfischschwarm eines anderen Weibchens v o r der Höhle, auch im Bereich einer Grube, zu sehen war. Offensichtlich ist das Herausbringen aus der Höhle für den Schlupf der Larven üblich. In diesen Zusammenhang passt eine Beobachtung Moors, der ebenfalls geschlüpfte Larven im Sand entdeckte, und nicht in der Höhle (vgl. DCG – Informationen 33 (6) 129-133). Sicher finden die Jungtiere im See (und im Aquarium!) außerhalb eher geeignetes Futter als in der Höhle. Dieses Transportverhalten ist also auch unter dem Gesichtspunkt des Nahrungserwerbs für die Nachzucht sehr sinnvoll.

Abends gibt es die Beförderung der Brut in umgekehrter Richtung! Ich betreibe an meinen Becken eine elektronische Dimmsteuerung, die die Beckenbeleuchtung abends sanft über rund 40 Minuten auf Null, also "Licht aus", dimmt. Gestern abend nun konnte ich beobachten, wie ein Weibchen bei Einsetzen der künstlichen Dämmerung seine rund 40 Jungtiere zu zweit, zu dritt oder auch einzeln in die Höhle zurücktransportierte. Sie wurden ins Maul genommen und in der Höhle wieder entlassen.
Als das Licht heute früh anging, waren sie wieder draußen und jagten Futterpartikeln nach, die von gestern übrig geblieben waren.

Ich bin gespannt, was geschieht, wenn drei Jungfischschwärme durch das Becken wuseln...

Jungfische
Freischwimmende Jungfische, im Hintergrund ein Elterntier

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